Stuttgarter Schabbat-Lieder

Vorwort

Vorwort Stuttgarter Schabbat-Lieder


Dieser Liederzyklus verdankt seine Entstehung dem Zusammenwirken zwischen Herrn Martin Widerker, einem Mitglied der jüdischen Gemeinde in Stuttgart, und mir, einem nichtjüdischen Stuttgarter Komponisten.
Als Herr Widerker mich eines Tages bat, ihn in Komposition zu unterrichten, machte ich ihm den Gegenvorschlag, mir Melodien aus der Heimat seiner Vorfahren, aus dem alten Lemberg in Galizien, zu singen, damit ich auf der Basis dieser Melodien eigene Stücke, ‚Kunstlieder‘, ungefähr im Stil dieser Melodien, aber gleichermaßen mit dem kompositorischen Handwerk eines akademischen mitteleuropäischen Tonsetzers ausgeführt, zu komponieren in der Lage wäre. Herr Widerker hat mir dann elf Melodien, die er selber im Geiste dieser Erinnerungen aus seiner Kindheit erfunden und mir auf einen Datenträger gesungen hat, als Klangdatei übergeben.
Diese Gesänge habe ich zuerst in Notenschrift übertragen und danach die Stücke komponiert. Dass die Übertragungen jener Nigunim (das sind Melodien der osteuropäischen frommen Juden, genannt Chassiden) immer wieder Abweichun-gen gegenüber dem gesungenen Original enthalten ist unumgänglich, so vor allem bei den vielen Verzierungen, die wohl zum Vortragsstil dieser Nigunim gehören und welche so bei mitteleuropäischen Liedern nicht bekannt sind. Manche davon habe ich übernommen, manche ignoriert, wenn von mir nicht als für den Ausdruck als wesentlich eingestuft. Auch im rhythmischen Bereich mussten immer wieder Eingriffe vorgenommen werden, um Vortragsfreiheiten in strenge Notation zu bringen. Dasselbe gilt für Varianten-bildungen zwischen Versen, die nur in einem Falle vollständig beachtet wurden (Lied ‚Ma jedidut menuchatäch, Melodie 1‘), da es sich hierbei um eine Variationsform handelt. Sonst wurde die Melodie auf eine für alle Verse gültige Version vereinheitlicht.
Dieser Liederzyklus ist indes eingebettet in einen umfassenderen: in den Zyklus
‚Ein deutscher Schabbat‘. Zentrum dieses größeren Zyklus sind die beiden Trauermusiken ‚El male rachamim‘ und ‚Trauermusik für Jankiele von Echter-dingen‘. Beide Trauermusiken bilden den Kern der sie umgebenden Schabbat-Lieder. Er ist eine musikalische Auseinandersetzung mit der Shoah. So werden die Schabbat-Lieder inhaltlich in Bezug gesetzt zur Zerstörung des europäischen Judentums. Für deutsche Ohren wird es nie mehr einen unbeschwerten Umgang mit jüdischer Kultur geben. Wir Nachgeborenen tragen die Last dieses Erbes, tragen Verantwortung für Israel und tragen auch die Folgen des Verlustes großartiger jüdischer Menschen, die einstmals glühende Deutsche waren, deutsche Juden. Ein bleibender geistiger Aderlass und Wunde in der deutschen Seele.
G.W.

Stilistik Stuttgarter Schabbat-Lieder

Der Liederzyklus war ursprünglich gedacht für die Mitglieder der Stuttgarter jüdischen Gemeinde, im Stil osteuropäisch-jüdischer Musiksprache. Bei zwei Liedern finden sich allerdings Abschnitte von Expertenmusik, wegen ihrer besonderen Lage im Gesamtzyklus
‚Ein deutscher Schabbat‘, der umgeben wird durch die Schabbat-Lieder.

Ata ächad
Baruch el eljon
Jedid nefesch
Jom sä l'Jisrael
Jom se mechubad
Ma jedidut M1
Ma jedidut M2 (teilweise elektronisch)
Schabbat hajom laAdoschem
Schabbat haMalka
Schalom alejchem