Buschat Esslingen
(Esslingens Schande)
Vorwort
Inhaltlicher Kern von Buschat Esslingen ist ein Text, zusammengebaut aus J. Hahn’s ‚Jüdisches Leben in Esslingen’ und den ‚Esslinger Studien 1988’. Entstanden ist eine verdichtete Darstellung der Schändung des jüdischen Waisenhauses Esslingen und seiner Bewohner am 10. November 1938. Ein besonderer Ansporn war es übrigens, gerade dieses Stück – Buschat Esslingen – an dieser Stelle in Esslingen, dem Ort der schicksalhaften Ereignisse, aufzuführen, gewissermaßen als Ruf hinüber in die jenseitige Welt, hin zu jenen über 60 Hausbewohnern, die wenige Jahre später ermordet wurden. (Text: siehe Gesamtpartitur).
Dieser Text als Rahmenhandlung in Buschat Esslingen wird jedoch nicht linear erzählt und musikalisch illustriert, sondern auf Deutsch und Hebräisch, teilweise kontrastierend, teilweise ineinander verflochten musikalisch gestaltet. Auch hier wird an zwei Stellen eine (Kaddisch-) Melodie Mayer Levi’s mitverarbeitet, die aber sowohl ‚neu’ als auch ‚alt’ verschleiert wird. Solche Stellen bilden einen formalen Kontrast zu Abschnitten ‚forcierter’ neuer Klanglichkeit, also Stellen mit Spieltechniken, die bei ‚alter’ Musik vermieden werden (sollen). Der andere Gegenpol in Buschat Esslingen sind theatralische Szenen (dies auch schon in ‚Esslinger Kaddisch’), in denen die Spieler als musikalische ‚Sprecher’, ja fast Schauspieler auftreten. Den Schluss von Buschat Esslingen bildet eine panto-mimische Szene als liturgische Anspielung an den Sederabend an Pessach (Öffnung der Tür, Aufstellen eines Glas Weins für den Propheten Jeremias) als Zeichen göttlichen Beistands in der Not des jüdischen Volks und seiner Befreiung aus der Sklaverei, sei es Ägyptens, sei es Deutschlands. Davor hat der Sänger Schwerstarbeit zu leisten: er muss singen, mit Händen und Füßen genau vorgeschriebene Klopfbewegungen vollbringen und noch einen Text rezitieren: ‚Slach lanu, ki chatanu’ (verzeihe uns, unser Vater, dass wir gesündigt haben) – eine Fürbitte aus der Amida, dem Kern jedes jüdischen Gottesdienstes.
Stilistik Buschat Esslingen
Polystilistik wie bei ‚Esslinger Kaddisch‘ und ‚Esslinger Viduj‘. Der Textbezug ist die Schändung des jüdischen Waisenhauses in Esslingen 1938 und die spätere Ermordung der meisten Lehrer und Waisen dort. Verstehbar für Experten und Musik-Laien.